SimBlas – Simulator zur Beschreibung des Betriebsverhaltens von Großblasanlagen

Gemeinschaftsforschungsprojekt

Projektpartner

  • Kautex Maschinenbau GmbH
  • Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Projektbeschreibung

Motivation

Auf Grund des steigenden Wettbewerbs sind Anlagenbauer gezwungen, Einsparpotenziale im Produktlebenszyklus aufzudecken, um sich weiterhin am internationalen Markt behaupten zu können. Bis jetzt ungenutzte Einsparpotenziale liegen dabei in der Phase der Erstinbetriebnahme einer Anlage beim Hersteller. Deren Dauer kann auf Grund des hohen Risikos der Funktionsüberprüfung von Steuerungssoftware nur schwer eingeschätzt werden, da der Zusammenschluss von Hard- und Software zur Anlagensteuerung in diesem Zeitraum als gesamtes System zum ersten Mal stattfindet. Hierbei können Fehler auftreten, die eine Reprogrammierung von Steuerungssoftware oder die Beschaffung von schwer verfügbaren Ersatzteilen und somit erhöhten Zeitaufwand nach sich ziehen.

Ziele

Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines Simulators, mit dem das Betriebsverhalten einer Großblasanlage der Firma Kautex Maschinenbau schon vor deren vollständigen Montage virtuell simuliert werden kann.Die Großblasanlage liegt, wie auch in der Realität, in Form einer Bibliothek von mechanischen, hydraulischen, pneumatischen, elektrischen und steuerungstechnischen Anlagenkomponenten vor. Durch den Zusammenbau dieser Anlagenkomponenten zur virtuellen Großblasanlage im Simulator können somit schon vor der Fertigstellung der realen Anlage die Steuerungsprogramme unter realistischen Umständen getestet werden. Diese Inbetriebnahme mittels eines virtuellen Anlagenmodells bezeichnet man als Virtuelle Inbetriebnahme (VIBN). Durch die Virtuelle Inbetriebnahme beschränkt sich die reale Inbetriebnahme in Zukunft auf den Test der korrekten Verdrahtung von Sensorik und Aktorik. Hierdurch kann der kritische Prozess der Inbetriebnahme sicherer und kürzer gestaltet werden. Zudem lassen sich die Schulungen des Betriebspersonals am Simulator realitätsnah durchführen.

Stand der Technik

Simulatoren beseitigen einen gravierenden Nachteil heutiger Entwicklungspläne: Durch ihren Einsatz kann der Entwicklungszeitpunkt der Steuerungskomponenten, die bislang erst spät im  Entwicklungsprozess entworfen und umgesetzt werden mussten, deutlich nach vorne verschoben werden. Der Steuerungsentwickler ist damit in der Lage, die Steuerungskonzepte und die Anlagensoftware frühzeitig auf der realen Steuerung zu entwickeln und zu validieren – ohne auf physikalisch vorhandene Anlagenkomponenten angewiesen zu sein. Zudem lassen sich Fehlersituationen wie beispielsweise Fehlbedienung durch den Bediener oder der Ausfall von steuerungsrelevanten Komponenten, die an der realen Anlage nicht oder nur unzureichend getestet werden können, mit einem Simulator absichern.

Ähnliche Entwicklungsansätze, Simulatoren für die Verkürzung und Absicherung von Entwicklungen und Inbetriebnahmen, sind in anderen Branchen auch zu beobachten. In Branchen mit Serienfertigung wie der Automobilindustrie oder Branchen mit Leitstandtechnik wie dem chemischen Anlagenbau finden derartige Simulatoren schon Anwendung. Im Gegensatz dazu ist der Einsatz im Kunststoffmaschinenbau im Allgemeinen nicht bekannt. In dieser Branche wurden in der Vergangenheit auch schon Simulatoren entwickelt, jedoch lag deren Anwendung in der Prozessüberwachung und Qualitätssicherung.

Vorgehen

Während der Projektlaufzeit von drei Jahren wird der Simulation für die Virtuelle Inbetriebnahme entwickelt und an realen Inbetriebnahmeprozessen von Großblasanlagen der Firma Kautex Maschinenbau getestet. Der Fokus der Entwicklung des Simulators liegt auf der Abbildung und dem Test von Steuerungssoftware und nicht auf der Optimierung von Prozessparametern, da bis dato keine Erkenntnisse über die Abbildung des Prozesses aus verfahrenstechnischer Sichtweise in Echtzeit vorliegen.

Die Abbildung des Betriebsverhaltens erfordert die genaue Kenntnis der Anlagentechnik und des Materialflusses. Hierdurch werden besondere Anforderungen an den Simulator gestellt:

  • Anbindung an die eingesetzte Steuerungstechnik ohne Programmänderungen,
  • Wiederverwendbarkeit der Komponenten zur Abbildung beliebiger Anlagenvariationen,
  • Implementierung des Materialverhaltens für eine VIBN unter realen Bedingungen, um über die reine Simulation des Trockenlaufs der Anlage hinaus das Steuerungsprogramm testen zu können.

Die Virtuelle Inbetriebnahme ist ein entscheidender Faktor für die Durchlaufzeit eines Anlagenprojekts, da während dieser Phase die mechanischen und elektrischen Komponenten zum ersten Mal in Ihrer Gesamtfunktion getestet werden können. Durch den immer größer werdenden Anteil von Elektronik und Steuerungssoftware an der  Gesamtanlage steigt die auch die Gefahr, dass Planungsfehler aus vorhergehenden Projektphasen nicht aufgedeckt werden, welche die Inbetriebnahmedauer verlängern können.

Hieraus enstehen die Vorteile durch den Einsatz eines Anlagensimulators:

  • exaktere Planbarkeit der Anlageninbetriebnahme,
  • Vorverlegung des Test von Steuerungssoftware in den Konstruktionsprozess der Anlage, und somit erhöhte Zeiteinsparung,
  • Anwenderschulung vor Fertigstellung der Anlage, wodurch der Anlagenbetreiber schneller mit der Produktion beginnen kann,
  • Test von Anlagenmodifikationen oder Änderungen des Steuerungsprogramms ohne Anreise von Technikern oder Produktionsstillstand,
  • Einsparung von Material durch Einsatz virtuellen Materials im Simulator.