Nachwuchsgewinnung - Berufsperspektive vs. Image

25.01.2022 – Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland, und besonders auch in Nordrhein-Westfalen, zahlreiche Projekte und Initiativen, um die Jugend für technische Berufe zu begeistern. Sowohl bei den technischen Lehrberufen als auch bei den klassischen Ingenieurfächern an den Hochschulen und Universitäten fehlt jedoch weiterhin Nachwuchs.

An mangelnden beruflichen Perspektiven kann dies nicht liegen. Wer sich heute für eine technische Ausbildung oder ein technisches Studium entscheidet, hat exzellente Chancen am Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft braucht technische Expertise in vielen Bereichen – das gilt heute und in Zukunft noch viel mehr. „Wir brauchen Technik und gut ausgebildete junge Menschen, um den Herausforderungen einer sich verändernden Welt zu begegnen, zum Beispiel um mit Energie und anderen Ressourcen sparsam umzugehen, um unsere Lebensweise nachhaltiger zu gestalten“, sagt Martin Rosorius, Leiter Unternehmenskommunikation der Dr. Reinold Hagen Stiftung in Bonn. Getreu ihrem Auftrag „Menschen fördern, Technik gestalten“ entwickelt die Stiftung ihre Aktivitäten in den Bereichen der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie der Forschung und Lehre im Bereich der Kunststofftechnologien und des Maschinenbaus. Studierende der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg erhalten so die Gelegenheit in Forschungsprojekten der Stiftung mitzuarbeiten. Zudem besteht auch eine langjährige Zusammenarbeit mit der Fachschule für Kunststoff und Kautschuktechnik in Troisdorf.

Berufsorientierungsprojekte

Neben ihrem Engagement in zahlreichen Kunststoff- und Technikinitiativen initiiert die Dr. Reinold Hagen Stiftung auch eigene Bildungsprojekte im Bereich der Nachwuchsgewinnung. Diese zielen grundsätzlich darauf, jungen Menschen die Gelegenheit zu geben, gewerblich-technische Berufe kennen zu lernen, sich darin auszuprobieren und die relevanten Basisqualifikationen für eine Ausbildung oder ein technisches Studium zu erwerben. Schülerinnen und Schüler aller Schulformen – von der Hauptschule bis hin zum katholischen Mädchengymnasium - kommen immer wieder im Rahmen von Berufsorientierungsprojekten in die Bonner Stiftung. In den stiftungseigenen überbetrieblichen Ausbildungswerkstätten, die von der Weiterbildungsgesellschaft der IHK Bonn/Rhein-Sieg, einem Tochterunternehmen der Stiftung betrieben werden, durchlaufen sie beispielsweise kleinere Projekte in der Metall-, Kunststoff- und Elektrotechnik. Sie fertigen ein Produkt, sie lernen technische Verfahren und Komponenten kennen, sie befinden sich im Kunststoff-Technikum, wo sie erleben können, wie heute moderne technische Kunststoffprodukte konstruiert und gefertigt werden. „Und wir hoffen, dass dann eine Motivation entsteht, auch gerade bei jungen Frauen, sich für technische Berufe zu interessieren, sich vielleicht auch einmal Gedanken darüber zu machen, ob nicht gewerblich-technische Ausbildungsgänge für sie in Betracht kommen können und nicht nur kaufmännische Berufe“, sagt Karl-Friedrich Linder, Geschäftsführer der Dr. Reinold Hagen Stiftung.

Zielgruppe: weiblicher Nachwuchs

Noch sind Mädchen und junge Frauen nur vereinzelt in den Werkstätten der Stiftung anzutreffen. Dies soll sich in Zukunft jedoch ändern, wenn es nach Karl-Friedrich Linder geht: „Die jungen Frauen, die wir in technischen Ausbildungsgängen haben, sind häufig die erfolgreichsten, sind häufig diejenigen, die außerordentlich leistungsstark sind und wir müssen Sorge tragen, dass wir junge Frauen zukünftig verstärkt für technisch gewerbliche Ausbildungsgänge gewinnen.“ Studien belegen, dass sich Mädchen eher für MINT-Berufe begeistern lassen, wenn sie das Gefühl haben, bei der Arbeit einen Beitrag für Gesellschaft und Umwelt leisten zu können. Medizintechnik oder Umweltnaturwissenschaften interessieren Mädchen deshalb wesentlich stärker als rein technische Studiengänge wie Kunststoff- oder Elektrotechnik. Hier bedarf es einer engagierten Aufklärungsarbeit, dass gerade die Kunststoffindustrie einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen im Umwelt- und Klimabereich leistet.

Mit den Lehrern fängt es an

Im deutschen Bildungswesen spielt Technik vielfach noch immer eine untergeordnete Rolle. Flächendeckende Projekte für Kinder im Kindergarten und in der Grundschule sind ebenso erforderlich, wie für Jugendliche in den weiterführenden Schulen. Die Förderung des Interesses an Technik setzt dementsprechend technisch ausgebildete Lehrkräfte voraus. Das stellt bislang insbesondere an den Grundschulen, aber auch in den weiterführenden Schulen, häufig ein Problem dar. Ohne genügend qualifizierte Lehrkräfte ist es jedoch zweifelhaft, ob zukünftig mehr Jugendliche für technische Ausbildungen gewonnen werden können. In naher Zukunft wird es zudem noch schwieriger werden, den nötigen Nachwuchs für gewerblich-technische Berufe zu gewinnen, weil aufgrund der demographischen Entwicklung weniger Jugendliche für Ausbildungsangebote zur Verfügung stehen werden. Das Interesse Jugendlicher konzentriert sich meist auf relativ wenige Berufe, die sie aus ihrem privaten Umfeld bereits kennen. Zudem brechen viele ihre Ausbildung ab.

Motivation: Sinnhaftigkeit

Wenn die zahlreichen Bildungsprojekte und Initiativen der Dr. Reinold Hagen Stiftung eines gezeigt haben, dann dies: Um Jugendliche für eine technische Ausbildung zu begeistern, muss ihnen klar sein, dass es darum geht, etwas zu erschaffen und Lösungen für die Probleme der heutigen Zeit zu suchen und zu finden. Um dies zu verwirklichen, ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Schulen sowie außerschulischen Lernorten erforderlich. Diese Zusammenarbeit sollte für potentielle Auszubildende in technischen Berufen zudem deutlich erkennbar sein. Die jungen Menschen müssen spüren, dass sie gewollt sind und man sich um sie kümmert, da sie für Unternehmen und Gesellschaft unverzichtbar sind. Die Unternehmen – gerade auch die KMU der Kunststoffbranche - müssen sich deshalb zukünftig in noch stärkerem Ausmaß als bislang in der Berufsorientierung engagieren. Kurzfristig kostet dies Zeit und Geld, aber langfristig lohnt sich das Engagement in der Nachwuchsförderung.