Astronautentraining in der Dr. Reinold Hagen Stiftung

22.11.2018 – Das belgische Unternehmen Space Application Services und die Dr. Reinold Hagen Stiftung führen im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA einen Lehrgang für Astronauten im Thema Instandhaltung und Reparatur durch.

Die internationale Weltraumstation ISS ist seit 1998 in Betrieb und seit dem Jahr 2000 permanent besetzt. Nach 20 Jahren im Orbit muss sie verstärkt inspiziert, gewartet und repariert werden. Auch die Montage ist noch nicht abgeschlossen. Bis heute wird die ISS durch neue Module erweitert. Diese Aufgaben werden normalerweise im Vorfeld auf der Erde trainiert. Immer wieder gibt es jedoch auch Störfälle auf der ISS, die erhöhte Anforderungen an die Besatzung stellen und das Eingreifen der Crew erforderlich machen. Auch im Hinblick auf zukünftige Missionen zum Mars kommt der Fähigkeit autonom von der Leitstelle auf der Erde Entscheidungen zu treffen und Probleme mit vorhandenen Mitteln zu lösen eine besondere Bedeutung zu.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat die europäische Weltraumorganisation ESA das belgische Unternehmen Space Application Services und die Dr. Reinold Hagen Stiftung aus Bonn beauftragt, einen Lehrgang zu entwickeln, in dem den zukünftigen Astronauten das relevante technische Wissen und die entsprechenden Handfertigkeiten vermittelt werden. Das Hauptziel des ESA-Kurses „Instandhaltung und Reparatur“ ist es, den Astronauten, basierend auf realistischen Fällen aus dem Weltraum, eine strukturierte Lernmöglichkeit zu bieten.
"Mit der Dr. Reinold Hagen Stiftung, die innovative Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im technischen Bereich konzipiert und durchführt, haben wir hier den perfekten Partner an unserer Seite“, sagt Olivier Lamborell von Space Application Services.
In dem 8-tägigen Lehrgang werden den Astronauten im Ausbildungszentrum der Dr. Reinold Hagen Stiftung praktische Fähigkeiten in den Bereichen Mechanik, Elektrik, Elektronik, Hydraulik und Pneumatik vermittelt. „Es geht uns darum den künftigen Astronauten Werkzeuge und Techniken an die Hand zu geben, die ihnen helfen ihre Systeme aufzubauen und mögliche Fehler zu beheben“, sagt Jorg Hochstätter, Lehrgangsleiter bei der Dr. Reinold Hagen Stiftung, der den Kurs mit konzipiert hat. Neben zahlreichen praktischen Übungen, die nur mittels Werkzeugen und Materialien, die sich auch an Bord der ISS befinden, durchgeführt werden müssen, gibt es im Lehrgang auch ganz praktische Tipps. So kann beispielsweise Rasierschaum dazu dienen, die anfallenden Späne bei einem Bohrvorgang in der Schwerlosigkeit zu binden, damit diese nicht unkontrolliert durch die Raumstation fliegen.
Im März 2017 wurde der Kurs erstmals durch den erfahrenen ESA-Astronauten Leopold Eyharts getestet und anschließend von der ESA zertifiziert. Im Dezember 2017 absolvierten die Astronauten Samantha Cristoforetti und Matthias Maurer den Lehrgang in der Hagen Stiftung. Cristoforetti, die bereits eine 199-tägige Mission an Bord der ISS absolviert hat, und Maurer, der sich derzeit auf seine Weltraummission vorbereitet, gaben nochmals wertvolle Hinweise aus den unterschiedlichen Perspektiven von Astronauten mit und ohne Weltraumerfahrung. Beide waren sich einig, dass der Lehrgang hilfreich ist und eine sinnvolle Ergänzung zum bisherigen ISS-Training darstellt.
„Wir freuen uns schon auf den kommenden Lehrgang, der in Kürze starten wird, um die künftigen Astronauten fit für ihre Weltraummission zu machen“, sagt Karl-Friedrich Linder, Geschäftsführer der Dr. Reinold Hagen Stiftung sowie der Weiterbildungsgesellschaft der IHK Bonn/Rhein-Sieg, die seit April 2018 die Ausbildungsaktivitäten der Stiftung übernommen hat.
Für Karl-Friedrich Linder hat das Astronautentraining einen sehr willkommenen und durchaus gewünschten Nebeneffekt. „Die Auszubildenden, die täglich in unsere überbetriebliche Ausbildungswerkstatt kommen, sehen, dass auch so hochqualifizierte Personen, die demnächst an Bord der ISS arbeiten werden, zunächst ganz grundlegende Handfertigkeiten in den Bereichen Elektro, Mechatronik, Metall und Kunststoff erlernen müssen. Dies wirkt sich positiv auf die Stimmung in der Werkstatt aus und zeigt, dass die berufliche Bildung in ihrer Bedeutung der akademischen Bildung in nichts nachsteht“, erläutert Linder.